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Brexit und so

Die Briten habe gewählt und “sie” wollen den Brexit. “Sie”, das sind die Wähler in Großbritannien. Allerdings nicht die in Schottland und Nordirland, die waren für den Verbleib in der EU.
Und auch nicht die jungen Wähler, die waren auch gegen den Brexit. Jung im Sinne von “unter 65”. Denn bis einschließlich der Altersgruppe der 50-64-jährigen gab es keine Mehrheit für den Brexit. Je jünger, desto deutlicher, die Altersgruppe der über 65-jährigen stimmte zu 60% für den Brexit.


Aber es heisst ja nicht umsonst Vereinigtes Königreich (mal abgesehen von der Fußballnationalmannschaft), über alle gesehen ist die Mehrheit halt für den Brexit. War es zumindest bei der Wahl, denn offenbar haben sich viele erst nach der Wahl informiert (man beachte die Zeitzone).
Gewählt ist gewählt, das Königreich erlebt mit über -10% den größten Kursverlust des britischen Pfund seit 1978, wo er -4,3% betrug.

Derweil sieht die SNP Schottland in Zukunft weiterhin als Teil der EU und die Sinn Fein strebt eine Wiedervereinigung von Nordirland mit der Republik an.
Letzteres würde mich wirklich freuen, wenn englische Rentner dafür sorgen würden, daß Irland wieder vereinigt wird.

So richtig (er)fassen kann ich man das alles wohl noch nicht, für ein paar Minuten ruhige Lektüre empfehle ich den Artikel “Wirtschaftliche Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union“ von der Bundeszentrale für politische Bildung. Anhand der Zahlen zur Zusammensetzung der britischen Wirtschaft kann man nachvollziehen, warum vor allem die britischen Finanztitel so erheblich an Wert verloren haben. Großbritannien wird auch in Zukunft mit Staaten der EU handeln (müssen), kostenlos wie sich die UKIP das vorstellt wird das allerdings sicher nicht sein, auch Norwegen und die Schweiz beteiligen für die Teilnahme am europäischen Binnenmarkt sich an der Finanzierung der EU — ohne Stimmrecht, das Großbritannien (noch) hat. Daß die Briten, nachdem sie aus der EU ausgetreten sind, abermals den von Thatcher ausgehandelten Britenrabatt von 66%(!) erhalten, ist doch sehr Zweifelhaft. Großbritannien braucht den Binnenmarkt und politisch haben sie mit dem “wir wollen nicht in der EU sein, aber ihre Vorteile haben” eine schlechte Verhandlungsposition.

Ich bin gespannt was kommt, letztlich ist die Wahl für die Regierung nicht bindend und wer weiß, wenn sich alle darüber klar werden, was der Brexit für Folgen hat gibt es vielleicht eine neue Abstimmung. Der Prozess sollte bis dahin aber noch nicht gestartet sein, denn die EU will hier sicher keinen Präzendenzfall schaffen. Die Diskussion und Berichterstattung über die Folgen nimmt anderen Ausstiegsbefürwortern aber hoffentlich die vermeintlichen Argumente und allgemein wird verdammt noch mal endlich auch vernünftig erklärt, was die EU macht und was für Vorteile wir durch sie haben. vom Supermarkt bis zum gesamten Land und darüber hinaus. Meist wird ja nur negativ im Zusammenhang mit der EU berichtet, abgesehen von den jährlich gesenkten Roaminggebühren.
Das ist IMHO das eigentliche Problem: die Kommunikation und Bildung darüber, was die EU eigentlich macht und wofür sie da ist.

Das sind ein paar spontane bzw. heute über den Tag gesammelte Gedanken, alles nicht umfassend, dazu sind die möglichen Folgen viel zu komplex. Aber es sind Punkte, die ich nicht verlieren wollte.
Und viellleicht kannst Du ja noch weitere Gedanken beitragen. Praktisch werden wir wahrscheinlich zwar nur abwarten können was passiert, aber ich finde es unheimlich interessant, sich gedanklich damit auseinander zu setzen.