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gesehen: Königin der Wüste

Nach einigen Wochen Pause war ich gestern mal wieder in der Sneak. Es lief Königin der Wüste.

Gertrude Bell ist Tochter aus wohlhabendem Haus anfang des 20. Jahrhunderts. Sie ist sehr gebildet und akzeptiert die von ihr erwartete Frauenrolle nicht und bittet ihre Eltern sie nicht in England versauern zu lassen. Sie kommt nach Teheran, verliebt sich, doch ihr Vater lehnt die Ehe ab. Fortan bereist sie die Wüste um das Volk dort kennen zu lernen.

Wie fange ich an? In dieser Sneak haben mehr Leute den Saal verlassen als ich in den letzten 2 Jahren zusammen genommen erlebt habe. Selbst Horrorfilme vertreiben nicht so viele Besucher.
Und das liegt nicht daran, dass dieser Film kein Mainstream oder gar Kunstkino ist. Die Figur Gertrude Bell (es gab sie wirklich) ist hochinteressant, man hätte einen wirklich guten Film daraus machen können. Dieser ist es nicht.
Das Problem ist dabei nicht, dass Nicole Kidman nur einen Gesichtsausdruck hat und Robert Pattinson als Lawrence von Arabien sowas von farblos bleibt dass man ihn auch durch einen Pappaufsteller ersetzen könnte. Das Problem liegt hinter der Kamera.
Die Landschaftsaufnahmen sind wirklich schön, die Darstellung ansonsten von England bis Persien klischeebehaftet, die Dialoge unterirdisch. Es mag ja sein, dass Gertrude Bell damals für praktisch alle Männer begehrenswert war, aber warum alle 3 Minuten Dialoge wie von Rosamunde Pilcher oder einem Liebesroman-Groschenheft aus dem Cora Verlag? Auch die restlichen Dialoge bleiben oberflächlich. Ihre Errungenschaft ist historisch gesehen, dass sie den nahen Osten wirklich verstanden hat und geht völlig unter. Sie wird gefangen genommen, verlangt den Scheich zu sehen und geht selbstbewusst statt durch den Frauen- durch den Männereingang zum Scheich den sie noch nie gesehen hat. Dem ist das völlig egal und bittet sie, sich gleichberechtigt neben ihn zu setzen — was man halt so tut mit Gefangenen. Ansonsten scheint ihre einzige Leistung darin zu bestehen das Land zu bereisen. Und natürlich erhält sie mitten in einem kaum erforschten Wüstengebiet Liebesbriefe von ihrem Verehrer.
Als sie in England am Schreibtisch sitzt ist bei dem malerischen Ausblick natürlich ein Teich mit Schwan zu sehen und unmittelbar vor dem Fenster steht ein Reh. Immerhin ein ausgewachsenes und kein Kitz, aber ein Bambi vor das Fenster zu stellen war wohl selbst Werner Herzog zu abgedroschen.

Es ist wirklich schade, das Leben von Getrude Bell hätte einen wirklich guten Film verdient, Werner Herzog ersäuft sie aber in Bildern voller Klischee, Kitsch und Pathos und Rosamunde Pilcher Dialogen. Die eigentliche Leistung von Getrude Bell wird nur oberflächlich gezeigt, ihre Reisen wirken wie eine Brücke zum nächsten Liebesschnulzendialog. Ohne Ton hätte man aber wenigstens die schönen Bilder, wäre ein schöner Bildschirmschoner normal.

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